Energieeffizienz und Klimaschutz

Ohne Energie kein Kupfer –
Ohne Kupfer keine Energie

Wer Metalle in Reinstform herstellen möchte, benötigt Energie. Teilweise befindet sich diese schon im Rohstoff selbst, dank des Schwefels im Kupferkonzentrat. Der Rest muss von außen hinzugefügt werden. Doch Energie gibt es nicht frei Haus, sie muss meist auf Kosten anderer Rohstoffe gewonnen werden, was häufig mit CO2-Emissionen verbunden ist.

Foto: Ulf Gehrckens
Ulf Gehrckens, Senior Vice President Corporate Energy & Climate Affairs

Als energieintensives Unternehmen sind wir uns der Verantwortung bewusst, besonders sorgsam mit dieser wertvollen Ressource umzugehen. Gleichzeitig machen von Aurubis produzierte Metalle umweltschonende Entwicklungen wie Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen oder die Elektromobilität erst möglich. So leisten Metalle einen wesentlichen Beitrag zu Technologien, die die CO2-Bilanz verbessern.

Herr Gehrckens, welche sind die größten Herausforderungen, wenn Sie bei Aurubis an das Thema Energie denken?

Ulf Gehrckens (UG): Ohne Frage steht da die Regulierung durch den Gesetzgeber regelmäßig ganz oben auf der Agenda. Die Themenliste ist vielfältig und reicht von der Entlastung von CO2-Kosten über die Erneuerbare-Energien-Umlage bis hin zu den Netzentgelten. Als produzierendes Unternehmen in Europa und den USA mit fast 6.700 Mitarbeitern verfolgen wir die Energie- und Klimadiskussionen. Wir erörtern sie auf politischer Ebene, sowohl in Berlin als auch in Brüssel.

Ist es aus energiepolitischer Sicht vorteilhaft, dass sie in Europa so stark vertreten sind?

UG: Die Frage stellt sich so für uns nicht. Wir produzieren vornehmlich in Europa, hier sind unsere Kernabsatzmärkte und wir bekennen uns klar zu diesem Standort!

Dennoch muss man wissen: Unser Hauptprodukt – die Kupferkathode – ist ein weltweit gehandeltes Produkt, dessen Preis über Börsen ermittelt wird. Entsprechend richtet sich dieser nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Das bedeutet: Wir können regional höhere Energiekosten nicht über den Preis an Kunden weitergeben. Wenn unsere Produktionskosten in Deutschland durch energiewendebedingte artifizielle Umlagen überproportional steigen, schwächt das unsere Wettbewerbsposition im internationalen Vergleich. Damit müssen wir umgehen.

Und wie machen Sie das?

UG: Wir wollen stetig energieeffizienter werden und haben gleichzeitig den Anspruch, die hohen Umweltschutzstandards einzuhalten. Dafür investieren wir in kleine und große Projekte zur Energieeffizienz und in den Umweltschutz.

Die Hütten von Aurubis gehören im Wettbewerbsvergleich zu den saubersten weltweit, mit den geringsten Emissionen in die Umwelt. Das kommt nicht von ungefähr. Wir haben seit 2000 über 560 Mio. € in den Umweltschutz investiert. Darüber hinaus setzen wir auf moderne und energieeffiziente Anlagentechnik an allen unseren Produktionsstätten und über die Geschäftsprozesse hinweg.

Wo immer möglich, etablieren wir zudem Energiekreisläufe, um unseren Effizienzgrad zu steigern. So haben wir am Standort Lünen ein hocheffizientes Verfahren eingeführt, um aus Abwärme einerseits elektrischen Strom zu gewinnen, und diese andererseits für interne Prozesswärme zu nutzen.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Je mehr Energieeffizienzmaßnahmen bereits vorgenommen wurden, desto schwieriger ist eine weitere Optimierung.

Nutzen Sie auch Strom aus erneuerbaren Energien?

UG: Das würden wir grundsätzlich gern. Leider begegnen wir dabei der Herausforderung, dass deren Einsatz noch mit Schwankungen in der Energieversorgung verbunden ist. Unsere Produktionsprozesse erfordern aber eine konstante Versorgung, schon allein wegen der Energieeffizienz.

Wir arbeiten aber an Initiativen, um Erneuerbare Energien einsetzen zu können. Eine davon ist das Projekt NEW 4.0. Die Idee dieses bundesländerübergreifenden Großprojekts ist es, die Abnahme von Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen flexibler zu gestalten, um auf schwankende Verfügbarkeiten reagieren zu können.

Dazu planen wir, einen Elektrodendampfkessel einzusetzen. Mit dessen Hilfe können wir aus Elektrizität den für uns wichtigen Dampf gewinnen und damit den Einsatz des Energieträgers Gas senken, was wiederum unsere CO2-Bilanz verbessert. Gleichzeitig steigern wir damit unsere Flexibilität hinsichtlich der Einsatzstoffe.

Gibt es Bereiche, in denen Aurubis zum Energieerzeuger wird?

UG: Wir schauen uns alle Arten von Abwärme aus unseren Prozessen genau an. Viele werden schon heute für Heiz- und Prozessdampfversorgung und teils auch für Eigenstromerzeugung genutzt. In Hamburg verwenden wir so 87 % unseres Prozessdampfbedarfs aus Abwärmequellen. Aber wir sehen hier noch mehr Potenzial.

Zum Teil erzeugen wir überdies Energie, die wir selbst nicht effektiv nutzen können. Ein Beispiel ist das Projekt Industriewärme, das mir sehr am Herzen liegt. Hier koppeln wir für uns nur im geringen Umfang nutzbare Wärme aus und machen diese für die Gemeinschaft verfügbar.

So sparen wir rund 20.000 t CO2 pro Jahr ein. Zum Vergleich: Dies entspricht den Emissionen von rund 10.000 Mittelklasse-Pkws, die durchschnittlich 12.000 km pro Jahr fahren. Und wir haben das Potenzial, das Dreifache auszukoppeln. Durch die Verdrängung anderer Energieträger könnten wir insgesamt jährlich bis zu 140.000 t CO2 einsparen. Das entspricht fast der Menge, die sich die gesamte Hamburger Industrie in einer Selbstverpflichtung als Einsparziel gesetzt hat. Um dieses Potenzial zu heben, wäre es hilfreich, wenn im EU-Emissionshandel zukünftig auch für solche CO2-Einsparungen Zertifikate zugeteilt würden, die außerhalb von Werksgeländen realisiert werden.

Fakten zum Industriewärme-Projekt

Lange Leitungen

Rund 3,7 km lang ist die Trassenverbindung von der Wärmequelle bis zur HafenCity Ost.

Grafik: Köhlbrand­brücke
3,7 km

Die Hamburger Köhlbrand­brücke erstreckt sich fast über die gleiche Länge

Wärme geben

8.000 Vier-Personen-Haushalte können mit der Wärmemenge von 160 Mio. kWh rund ein Jahr versorgt werden.

Grafik: Haus
8.000

Das insgesamt vorhandene Potenzial reicht für 25.000 Haushalte.

Klima schützen

20.000 t CO2 spart das Industriewärme-Projekt. Dies entspricht in etwa den Emissionen von 10.000 Mittelklasse-Pkw, die im Jahr 12.000 km fahren.

Grafik: Auto
10.000

Bei voller Nutzung des Potenzials ließe sich der CO2-Ausstoß sogar um etwa 140.000 t CO2 reduzieren.

Wasser sparen

12 Mio. m3 Kühl- und Elbwasser pro Jahr spart die Umstellung der Säurekühlung.

Grafik: Wasser
4.800

Dies entspricht dem Inhalt von rund 4.800 olympischen Schwimmbecken.

Herr Hein, was begeistert Sie am Industriewärme-Projekt?

Christian Hein (CH): Das Tolle daran ist, dass alle davon profitieren. Die Menschen in der HafenCity Ost werden mit nachhaltiger Wärme versorgt, die Stadt erhält einen Beitrag zu ihren Klimazielen, und wir führen unsere überschüssige Prozesswärme einem sinnvollen Zweck zu.

Natürlich sind wir auch ein Wirtschaftsbetrieb. Entsprechend muss sich die Investition von rund 20 Mio. € rechnen – und das tut sie auch.

Wie genau kommt die Wärme in die HafenCity?

CH: Sie entsteht in einem Nebenprozess der Kupferproduktion: Der im Kupferkonzentrat enthaltene Schwefel wird als Schwefeldioxid weiterverarbeitet und dann in der sogenannten Kontaktanlage zu Schwefelsäure umgewandelt. Die bei einer exothermen chemischen Reaktion entstehende Wärme leiten wir über eine fast 4 km lange neu gebaute Leitung von unserem Werk in Hamburg an das Energiedienstleistungsunternehmen enercity. Das wiederum versorgt die östliche HafenCity.

Foto: Christian Hein
Christian Hein, Director Corporate Energy & Climate Affairs und Projektleiter Industriewärme

Und wie erfolgt die CO2-Vermeidung genau?

CH: Grundsätzlich ist die entstehende Industriewärme nahezu frei von CO2. Rund 25 % der Wärme können wir für interne Zwecke nutzen. Die Vermeidung der mehr als 20.000 t CO2 pro Jahr erfolgt rund zur Hälfte, indem wir weniger Erdgas für unsere Dampferzeugung nutzen. Die andere Hälfte wirkt außerhalb der Werksgrenzen: für die externe Wärmelieferung, die konventionelle Brennstoffe der Fernwärmeerzeugung verdrängt. Zusätzlich sparen wir 12 Mio. m3 pro Jahr an Kühlwasser aus der Elbe ein.

Was ist aus technischer Sicht das Besondere an dem Projekt?

CH: Klassischerweise wird Industriewärme auf dem bestehenden Temperaturniveau über Wärmetauscher genutzt. Wir setzen noch einen drauf: Unser Schwefelsäureprozess wird so angepasst, dass er bei deutlich höheren Temperaturen – 117 statt 65 °C – abläuft und die Wärme so ideal für die Nah- und Fernwärmeversorgung nutzbar ist. Und das ganz ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe und somit CO2-frei.

Wie war denn die Resonanz von außen auf das Projekt?

CH: Enorm. Das Industriewärme-Projekt ist in seiner Größe und Komplexität einzigartig in Deutschland. Das spiegelt sich im Interesse von Externen und Aurubis-Mitarbeitern wider.

Die Deutsche Energie-Agentur dena zeichnete das Projekt gleich zweimal aus: als eines von zehn Fallbeispielen „Leuchttürme energieeffiziente Abwärmenutzung“ und mit dem „Energy Efficiency Award“ in der Kategorie Energiewende 2.0. Zudem wurde es vom Cluster Erneuerbare Energien Hamburg mit dem „German Renewables Award“ in der Kategorie Projekt des Jahres 2018 versehen. Für mich ist das Beispiel Industriewärme aber vor allem eins: die ideale Symbiose aus ökologischer Verantwortung und Unternehmertum – zum Nutzen vieler.

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